„Mir scheint, dass der Weingenuss eine Wiederaneignung des ursprünglichen Kults des Sesshaftwerdens und der Stadtgründung darstellt. Wir schmecken im Wein nicht nur die Frucht und die Fermentierung, sondern nehmen auch das spezifische Aroma einer Landschaft wahr, in der man die Götter zum Bleiben eingeladen hat und in der sie eine Heimat gefunden haben. Nichts von dem, was wir zu uns nehmen, ist dermassen bedeutungsschwanger. Wer nicht trinkt, ist nicht von dieser Welt.“
„Philosophen neigen dazu, geschmackliche Genüsse als ein rein sinnlich-sensorisches Phänomen zu deuten, ohne sie mit intellektuellen Gütesiegel ästhetischen Interesses zu adeln“. Nicht so Roger Scruton, Jahrgang 1944, Philosoph, Autor und bekennender Konservativer. Sein Buch ist eine Philosophie über den Wein. „Wein erlaubt uns einen Blick auf die Welt ‚sub specie aeternitatis‘, eine Welt in der die guten Dinge ihren Wert haben, egal wer sie besitzt“. Neben phänomenologischen, aesthetischen und anthropologischen Reflexionen werden immer wieder auch launische Polemiken vorgestellt: „Wein ist möglicherweise so alt wie die menschliche Zivilisation selbst. Ich vertrete die Position, dass Wein die Zivilisation ist und dass man auf diese Weise zwischen zivilisierten und unzivilisierten Ländern unterscheiden kann“.
„Ich trinke, also bin ich“ ist wohl v.a. ein Lobgesang auf den Wein „und obendrein die Geschichte einer ewigen und leidenschaftlichen Liaison zwischen Denkern und Flaschen – von den dionysischen Helleren bis zum badischen Tiefgeist Martin Heidegger“.
Roger Scruton (2010). Ich trinke also bin ich. Eine philosophische Verführung zum Wein. München: Dietrichs Verlag. (Aus dem Englischen von Reinhard Kreissl).
Rezension von Dani Bloch